Die Schreibwerkstatt am Marienberg

Wie fing alles an?
Ich hatte in meiner Kirchengemeinde unvorsichtigerweise gesagt, ich würde gern eine Schreibwerkstatt anbieten. Sofort wurde mir das Pförtnerhäuschen als Domizil angetragen.

500 Jahre alt (1498), Fachwerk, nimmt es sich neben der altehrwürdigen, romanischen Klosterkirche St. Marienberg winzig aus .
Im Kloster, dem ehemaligen Damenstift, werden noch heute nach alter Tradition Paramente hergestellt und gepflegt. Hier lebte einst die junge Charlotte von Veltheim, durch deren unermüdlichen Einsatz (1832-1911) das Helmstedter Krankenhaus entstand.
Eine beachtenswerte Persönlichkeit, durch die Helmstedt seit 2011 in die Reihe der "FrauenORTE Niedersachsen" aufgenommen wurde.

Aber das ist eine andere Geschichte.
Wer etwas mehr darüber wissen will,
dem empfehle ich die Seiten:
www.stadt-helmstedt.de
www.helmstedt.de


Besuchen Sie unsere Stadt, es lohnt sich!

Dieses alte, gepflegte Pförtnerhaus wurde also unsere Heimat. Es vergingen ein paar Wochen, bis ich mein Konzept fertig hatte. Wen will ich ansprechen? Was will ich rüberbringen? Es erschienen ein paar Terminhinweise in der lokalen Zeitung und im Gemeindebrief. Ich entwarf diese Comic-Werbung (s.u.), die auf das neue Angebot aufmerksam machen sollte.

 

Gedankensplitter - Berührungen

 Es geht uns gut

Danke, dass ich hier leben darf.
Danke für das Licht,
die Freude
an diesen kalten Wintertagen.
Danke für den Überfluss

an Wärme und an Frieden.

Ich muss sie nicht genießen,
die vermarkteten Gefühle.
Ich muss weder das Kind in der Krippe,
noch den Gekreuzigten anbeten.
Ich muss weder Weihnachten,
noch Ostern feiern.
Ich muss nicht,
ich darf …

Abend bei Bergen-Belsen

Sinkende Sonne
hinter einsamen Hügeln
blutrote Erde
Abendwind

Zitternde Gräser
in weiter Heide
verstecken
verwaschene Steine

Sandige Wege
durch gebrochene Herzen
wiegende Birken
ewige Nacht

 

Die Schreibwerkstatt im Pförtnerhäuschen

Würde wer kommen?
Wer würde kommen?
In Gedanken spielte ich  Möglichkeiten durch. Themen. Ziele.
Vor allem wollte ich Freude am Schreiben vermitteln, an der Sprache.
Die Herausgabe von einzelnen Texten, von Büchern - oder Lesefeste - daran dachte ich in den Anfängen nicht.

An einem Dienstag im September 2006  war es dann so weit.

Zwei gestandene Männer erschienen und es wurde ein Einstieg, der alle meine Erwartungen weit übertraf. Wir drei haben in den ersten Wochen tapfer die Stellung gehalten und richtig gut gearbeitet. Mit Fleiß und mit Freude. Jeden Dienstag.

Nun ist das Kapitel Geschichte. Eine schöne Geschichte, die lohnt, eines Tages aufgeschrieben zu werden! Die Gruppe hat sich gefestigt und verändert, ist mit ihrer selbst gestellten Aufgabe gewachsen. Sie traf sich zwei Mal im Monat - jeden ersten und dritten Dienstag. Bis Anfang 2020 die Corona-Pandemie Begegnungen durch hohe Infektionszahlen einschränkte.

Die Schreibwerkstatt an Marienberg

Inzwischen war das Pförtnerhaus vermietet worden. Es ist der Kunst treu geblieben, widmet sich ganz der Musik. Wir blieben auf dem Berg. Der Besprechungsraum des Alten Pfarrhauses - ein Fachwerkhaus aus dem Jahre 1703 - wurde der neue Treffpunkt.

Eine kleine Exkursion in die Vergangenheit:
Damals hatte sich der Propst im Kloster St. Marienberg (Professor für Orientalistik an der Universität Helmstedt), Hermann von der Hardt, für bauliche Veränderungen in unserer Stadt eingesetzt. Beispielsweise der Bau der Universitätskirche am Markt, die Errichtung der barocken Haube auf dem Marienberger Kirchturm und der Neubau des Pfarrhauses - das "Alte Pfarrhaus". Wer mehr über ihn wissen möchte, möge eine Führung im Kloster mitmachen. Oder das Buch
"750 Jahre Kirchengemeinde St. Marienberg in Helmstedt" - 10.Juni 1263 - 10.Juni 2013 - erwerben, das anlässlich des Jubiläums herausgegeben wurde. Sie werden erstaunt sein, was es auf dem Kirchberg sonst noch zu entdecken gibt.

Die Schreibwerkstatt am Marienberg

Wieder eine Veränderung im September 2019. Nur ein Buchstabe. Aus "an" wird "am". Denn wir sind nach genau 13 Jahren nicht mehr oben auf dem Berg an St. Marien - wir sind am Fuße des Kirchberges, am Braunschweiger Tor 6 bis 7. Der Abschied aus der gewohnten Umgebung fiel uns schwer. Obwohl, die Nähe ist ja geblieben. Wir haben nun einen eigenen Büroraum mit allem, was nötig ist. Vor allem mit technischer Ausstattung. Mit dem Vorteil, weniger Papier bedrucken zu müssen und mit direktem Zugang zum Internet.

Ausblick

Ich ahnte nichts Böses. Meine Familie hatte Urlaub an der Ostsee geplant. Als wir in Stralsund ankamen, war auch Corona irgendwo in Deutschland angekommen. "Gebt ihr noch die Hand?" "Na klar, warum nicht." Wir lachten. Es war der 11. März 2020. Corona hatte unsere Urlaubsregion erreicht. Am folgenden Wochenende schlossen Museen, das Ozeaneum, im Hotel der Wellness-Bereich. Uns war noch eine Rundfahrt auf Rügen vergönnt, der Info-Bereich an den Kreidefelsen, Imbiss und Gaststätte waren geschlossen. Wir fuhren heim. Wie es weiterging muss ich nicht erzählen. Wohl aber, wie es mit der Schreibwerkstatt weiterging.
Mit vielen Unterbrechungen und Netz-Verbindung schafften wir sogar noch das Buch "Immerwährender Kalender". Nun ist die Schreibwerkstatt im ursprünglichen Sinn Geschichte. Unseren Geschichten, Romanen und Anthologien aber wünschen wir ein herzliches "Glück auf". Denn wir hören ja nicht auf zu schreiben.